Mittwoch, 11. Februar 2009

Ode an die Germanisten

Ich saß heute in einem Meeting, in dem wir ernsthaft darüber gestritten haben ob eine Methode jetzt mit einem Substantiv oder einem Verb bezeichnet werden sollte.

Die meisten fragen sich wahrscheinlich erstmal: ist das wirklich wichtig? Und dann: muss man darüber wirklich diskutieren?

Ja, es ist wichtig, und nein, eigentlich sollte man darüber nicht diskutieren müssen. In dem Fall ist es nur eine kleine Sache, aber mich beschleicht immer wieder das Gefühl: was uns wirklich auf Arbeit fehlt, ist ein Gespür für Ästhetik. Viele Techniker schauen sich den Verhau an, zucken mit den Schultern und sagen: "Hauptsache, es funktioniert!"

Um das mal zu verdeutlichen, stellen wir uns mal vor wir würden ein Haus bauen. Der Keller wird ausgehoben, die Drainage gelegt, der Kellerboden gegossen, und das Grundgerüst hochgezogen.

Wenn jetzt bereits die Rohrleitungen um drei Ecken herum gebaut wurden, der Beton fleckig ist, und die Stützen teilweise viel zu nah beieinander stehen, wäre es vielleicht noch möglich da ein Haus zu bauen, aber der pure Anblick eines solchen Baus wäre schon schmerzhaft.

Was wir brauchen, sind Geisteswissenschaftler, die sich bereits die Pläne für ein Projekt anschauen, und angewidert das Gesicht verziehen sobald ihnen was unangenehmes auffällt. Wir brauchen Germanisten, die die Pflichtenhefte durchwühlen und jede Sprachschluderei rot anstreichen.

Denn genau diese Unklarheiten machen einem später das Leben schwer, und führen zu Missverständnissen. Und wer schon in den Fundamenten schludert, riskiert später einen Einsturz. Nicht alles lässt sich rational einschätzen: ein guter Instinkt dafür wenn etwas nicht harmonisch ist, ist wichtiger als die technische Umsetzung.

Insbesondere Germanisten und Philosophen werden gerne belächelt, weil sie eine scheinbar so brotlose Kunst verfolgen. Dabei hätte insbesondere die Softwareentwicklung solche Leute bitter nötig. Und zwar im Architekturteam, und nicht in der Doku.

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