Samstag, 24. Dezember 2011

2011 – Berufung gefunden (?!)

Nun also eine kurze Reflexion über mein Berufsleben…

2011 war beruflich gesehen für mich ein gutes Jahr. Ich hab oft über die Arbeit gelästert, hatte vor ein paar Jahren sogar einen Firmenwechsel erwogen, aber daran denke ich heute nicht mehr.

Das Arbeitsklima ist sehr gut, und die Arbeitszeiten sind sehr fair. Und was noch viel wichtiger ist: ich hab so langsam das Gefühl, wirklich wie ein Profi zu arbeiten. Ich hab nach dem Studium oft den mangelnden akademischen Anspruch vermisst, aber so allmählich finde ich ihn wieder. Wir machen endlich mehr als nur Frickelarbeit. Wir haben erstmals abteilungsübergreifenden Kontakt etabliert, und ich bekomm ganz allgemein das Gefühl dass die “Reformer” in der Firma so ganz allmählich – Stück für Stück – Oberwasser bekommen.

Wir haben auch einige strukturelle Veränderungen, die wohl langfristig den Karlsruher Standort stärken werden. Kurz: ich bin zufrieden. Es ist immer noch anstrengend und frustrierend, vor allem weil auf dem Projekt rumgeritten wird wie auf einem toten Gaul, aber ich hab unheimlich viel in dem Jahr gelernt.

Meine Vermutung ist: irgendwann in den nächsten ein, zwei Jahren wird das Projekt (zumindest für mich) enden, und das ist dann meine Chance mich für eine bessere Stelle zu empfehlen. Man wird sehen, aber zumindest beruflich mache ich mir derzeit überhaupt keine Sorgen.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

2011 – das längste Jahr

Noch ist das Jahr nicht ganz rum, aber ich wage schon mal einen privaten Rückblick.

2011 war für mich ein bizarres, anstrengendes und enorm emotionales Jahr. Der Auslöser war – natürlich – eine Frau, von der ich mir unheimlich viel erhofft hatte, und diese Hoffnung zerbrach dann Ende Frühjahr. Aber was dann folgte, war weit mehr als nur Liebeskummer: da kochte eine Angst hoch die ich nur schwer beschreiben kann oder will, und das restliche Jahr über war ich gezwungen, mich in einer Art und Weise mit mir selbst zu konfrontieren wie ich es noch nie getan habe…

Das klingt furchtbar abstrakt, und das ist es auch. Für mich war das Jahr auf jeden Fall harte Arbeit. Ich habe mich physisch und psychisch nicht geschont, ich war nicht im Urlaub, ich hatte mitunter wochenlang viel zu wenig Schlaf, ich habe mich teils selbst bewusst unter Stress gesetzt um gewissen Fragen näher zu kommen. Und vielleicht das Schwierigste: ich hab so einigen guten Freunden davon erzählt, aber ich kann es ihnen nicht erklären. Gibt maximal zwei Menschen die mich wirklich verstehen können, und beide haben wichtige Gründe, mir nicht zu nahe zu kommen.

Wie gesagt: es war ein bizarres und anstrengendes Jahr. Ob 2012 einfacher wird muss sich erst noch zeigen, aber ich bin guten Mutes. Trotz des Auf und Ab kann ich immerhin sagen, dass ich mich noch nie so frei gefühlt habe wie heute. Ich bin in diesem Jahr vielleicht kein anderer Mensch geworden, aber ich sehe die Welt mittlerweile mit sehr anderen Augen.

Donnerstag, 29. September 2011

Die europäische Frage

Normalerweise spare ich mir hier ja politische Kommentare, und ich will auch nicht jetzt all die Argumente und Risiken zum Beschluss des EFSF wiederholen…

Aber ich denke, wir stehen tatsächlich an einem bedeutenden Wegepunkt der Geschichte.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich als Kind mit meinen Eltern regelmäßig rüber ins Elsass gefahren bin, weil sie so gerne Flammkuchen mochten. Manchmal ging es ganz fix durch den Grenzposten durch, manchmal standen wir aber auch ewig da bis unser Kofferraum durchsucht war. Wir hatten eine separate Brieftasche für Franc, die immer auf Vorrat aufgefüllt wurde, weil regelmäßiges Tauschen zu teuer gewesen wäre.

Ich kann mich an die Grundschule erinnern, wo erstmals Schüleraustausche mit Frankreich organisiert wurden. Zugegeben: mit zweifelhaftem Erfolg, aber ich weiß noch wie “anders” die Welt jenseits der Grenze auf mich wirkte.

Ich muss an die Geschichten meines Vaters denken, wie in den 60ern die ersten Pizzerien in Deutschland eröffnet haben, und wie es was ganz besonderes war wenn man dort “exotisch” essen ging. Und wie man mühsam sein Geld gespart hat, um erst nach Italien und einige Zeit später mal nach Griechenland in den Urlaub zu können.

 

Ich höre heute immer wieder das Argument: “Europa ist nichts anderes als eine Geldverteilungsmaschine. Die Staaten haben sonst nichts miteinander gemeinsam.”
Schon komisch, wie schnell manche Dinge selbstverständlich werden können.

Ich finde, dass überhaupt heute so hitzig und leidenschaftlich darüber gestritten wird ob und wie man den griechischen Staat retten will, und welche Auswirkungen das auf die Menschen dort und im restlichen Europa hat, ist ein enormer Fortschritt. Vor wenigen Jahren wäre das nicht mal eine Schlagzeile wert gewesen.
Natürlich ist dieses Interesse nicht ganz uneigennützig, aber ist trotzdem erstaunlich wie sich Europa seit Fall des eisernen Vorhangs verändert hat.

Freitag, 12. August 2011

Im Kaninchenloch

In Lewis Carrol’s “Alice’s Adventures in Wonderland” fällt Alice durch ein Kaninchenloch in eine bizarre, gegensätzliche Welt.

Das Werk ist ja uralt, und es gibt unzählige Interpretationen und und Variationen von dem Thema. Oft wird die Geschichte so gedeutet, dass sich alles in Alice’s Fantasie abspielt, und somit die bizarre Traumwelt ein innerer Spiegel ist. Alan Moore hat die Geschichte in “Lost Girls” als Geschichte über die weibliche Pubertät interpretiert, in “American McGee’s Alice” verarbeitet Alice als Patientin eines Irrenhauses in solchen Tagträumen ihre Schizophrenie. Es gibt also unzählige Interpretationen, und vielleicht ist das Buch schon deshalb seit gut 150 Jahren so erfolgreich, weil es nicht nur für Alice, sondern auch für den Leser ein so guter Spiegel ist.

Ich fühle mich gerade, als schaue ich gerade durch den Kaninchenbau. Bin nur noch unsicher, von welcher Seite. Die letzten drei Monate haben sich angefühlt wie fünf Jahre. Ich hab mich dabei ertappt, wie ich Freunde angeschnauzt habe warum sie sich nicht mehr melden, obwohl man erst vor zwei Wochen zusammen saß. Es ist nicht wirklich viel passiert, aber ich rotiere derzeit mit enormem Gewicht um mich selbst, und ich kann immer nur kurzfristig ausbrechen bis ich wieder in meinen inneren Orbit zurückfalle. Ich bin deshalb derzeit kein guter Gesprächspartner.

So wie wahrscheinlich Alice große Mühe hätte, anderen glaubhaft zu erklären was sie gesehen hat, so kann ich auch nicht wirklich beschreiben wo diese innere Schwere her kommt. Ich fühle dass da etwas ist, aber ich kann es – noch – nicht greifen. Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. Vielleicht bekomme ich endlich Antworten auf ein Gefühl, was mich seit mindestens 20 Jahren plagt. Vielleicht bedeutet meine Schreibfaulheit in diesem Blog, dass er so allmählich sein Ziel erreicht, und sich selbst somit überflüssig macht. Vielleicht hat es auch gar nichts zu bedeuten, und dies ist einfach nur ein Ereignis wie eine seltene Sternenkonstellation. Vielleicht gibt es in der Mitte meines Orbits gar nichts.

So oder so: 2011 ist für mich kein Jahr wie jedes andere.

Montag, 25. April 2011

Lektionen

Es gibt so gewisse Dinge, die werde ich nie verstehen. Oder zumindest nicht akzeptieren. Warum ist es so einfach mit Menschen zurecht zu kommen die man nicht leiden kann, aber so schwer jemandem nah zu sein den man liebt?

Diesmal bin ich zuerst geflohen. Das ist ein Novum, normalerweise halte ich bis zum bitteren Ende durch. Aber diesmal tat es zu weh, und jetzt ist meine beste Freundin fort.

Ich könnte jetzt natürlich schmutzige Wäsche waschen. Aber erstens habe ich das die letzten Tage schon ausreichend getan, und zweitens ist das im Endeffekt wenig spannend. Enttäuscht zu werden fühlt sich immer ähnlich an.

Aber das ganze hat auch sein Gutes. Man sieht in solchen Momenten manchmal eigenartig klar, und lernt neues über sich selbst. Ich habe z.B. gerade gelernt, dass es offenbar sehr unterschiedliche Vorstellungen von Freundschaft gibt. Manche Menschen erwarten von Freundschaft vor allem Sicherheit, Komfort… quasi ein Rückzugsgebiet, auch vom Beziehungsstress.

Für mich dagegen ist Freundschaft was beflügelndes, was besonderes, einzigartiges… etwas was mich aus meinem Alltag ausbrechen und über mich hinaus wachsen lässt, was eben aufregend und alles andere als sicher und erwartet ist. Ich kann deshalb Freundschaft und Liebe sehr schlecht voneinander trennen (ganz im Gegensatz zu obigem Beispiel, wo ohne scharfe Trennung dieser Schutz einfach nicht gegeben ist), eigentlich sind es für mich zwei Seiten der selben Medaille.

Mir ist auch mit schockierender Deutlichkeit klar geworden, dass falsche Hoffnung für mich wesentlich leichter zu ertragen ist als die nackte Wahrheit. Ich habe es vor einer Woche unbewusst auf den Punkt gebracht: die alltägliche Sicherheit hängt mir manchmal wie Beton an den Füßen. Die letzten zwei Jahre waren nicht das erste mal dass ich mir da so sorgsam eine aufregende Illusion aufgebaut habe, und es wird wohl auch nicht das letzte Mal gewesen sein.

Sonntag, 10. April 2011

Nachts durch die Stadt

Es ist schon spannend, wie unterschiedlich Menschen sein können. Als ob mehrere Spezies auf dem selben Planeten leben würden, die nur zufällig alle ähnlich aussehen.

Ich war heute in einem Club. Gut, ich war nie der große Disco-Gänger. Aber heute stimmte irgendwie nichts: die Musik hat bei mir nicht gezündet, das Publikum war irgendwie nicht so meins, die Stimmung war für mein Gefühl eher bescheiden. Ich hab mich mit einer aus der Gruppe den Abend über ein bisschen unterhalten. Kurz bevor ich dann aufgebrochen bin, habe ich zu ihr gesagt: “Weißt du worauf ich jetzt richtig Lust hätte? Draußen an die frische Luft zu gehen, durch die Stadt spazieren und die Frühlingsnacht genießen.

Das konnte sie überhaupt nicht verstehen. Spazieren gehen in der Stadt?? Ich kenn ein paar Leute, die hätten bei dem Satz ihre Jacke gepackt, und wären mir gefolgt. Andere wiederum ganz offensichtlich nicht.

Ich hatte andersrum allerdings auch nie eine wirklich intensive Beziehung zu Musik. Gibt kaum Musik, die mich wirklich berührt. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich Musik oftmals als nervig empfinde, als ob alle anderen Sinne durch die Geräuschkulisse ertränkt würden.

Ich finde, nachts allein durch die Straßen zu laufen, hat irgendwie was magisches. So viel Platz nur für sich allein hat man praktisch nie. Und besonders gegen Mitternacht kommt oft eine ganz leichte Brise auf, und zusammen mit dem rabenschwarzen Himmel verliert man schnell jedes Gefühl für Raum und Zeit – und plötzlich, dann wenn man sich gerade auf irgendwelche belanglosen Details wie das Rauschen der Blätter oder die Neonreklamen konzentriert, dreht sich die Aufmerksamkeit plötzlich nach innen, und man sieht sich selbst in einer ganz ungewohnten Klarheit.

Wahrscheinlich ist das sehr typabhängig. Aber seit meiner Teenagerzeit hatte ich immer wieder das Gefühl, dass ich mich nicht so sehr auf die Parties freue, als auf den Moment danach – wenn man dann gemeinsam auf der Türschwelle sitzt, den Mond anstarrt, und einfach man selbst sein kann.

Dienstag, 1. März 2011

Schneller und schneller

Hat außer mir jemand grad mal wieder das Gefühl, dass die Erde wieder einen Gang hochgeschaltet hat, und sich wieder etwas schneller dreht?

Ich musste vor ein paar Wochen an meine Schulzeit denken. An die dicken Kapitel über die französische Revolution: mit den Bildern von der berühmten Guillotine, die Zitate (“Wenn ihr kein Brot habt, dann esst doch mehr Kuchen”), und den zentralen Figuren der damaligen Zeit.

Das war vor über zweihundert Jahren, und einer der zentralen Momente Europas. Was wäre wohl im Europa des 18. Jahrhunderts los gewesen, wenn alle in Echtzeit über YouTube und Twitter zugeschaut hätten, wie die Königsfamilie geköpft wird?

Aber ich denke, das Tempo nimmt zwar zu – aber nicht überall gleichmäßig. Ich hab heute einen Artikel auf Spiegel Online gelesen, der sich damit beschäftigt was wohl mit Guttenberg zu Zeiten Kohls passiert wäre: wohl gar nichts. Damals wäre die Sache zurück an die Uni gegangen, die hätten sich mit der Analyse der Doktorarbeit ein paar Jahre Zeit gelassen, und danach hätte es keinen mehr interessiert. Diesmal hat es zwei Wochen gedauert, bis die Netzgemeinschaft das Schriftstück akribisch in alle Einzelteile zerlegt und analysiert hat – schnell genug, um bei so einem komplexen Thema noch zeitnah reagieren zu können.

Ich glaube, die Gruppendynamik nimmt gerade zu. Die neuen Medien beschleunigen den Prozess noch zusätzlich, aber viele Gesellschaftsschichten entdecken so etwas wie eine Schwarmintelligenz – dass man auch mit relativ flachen Hierarchien in kurzer Zeit große Dinge auf die Beine stellen kann. Ich bin gespannt, wohin das noch geht. Das Jahr ist ja noch relativ jung.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Rückblick 2010 – Die Welt da draußen

Ich fand 2010 ein enorm spannendes Jahr. Nicht weil sich so viel verändert hätte… sondern weil es viele Ereignisse gab, die einen dazu bewegten – ja, geradezu zwangen – sich zu entscheiden, auf welcher Seite man stehen möchte.

Die europäische Frage

Klar: die Wirtschaftskrise in 2009 ging auch viele Menschen sehr direkt etwas an. Aber das ist eigentlich nichts worüber es sich zu diskutieren lohnt: Krisen sind immer schlecht. Man kann darüber diskutieren wer die Schuldigen waren, aber es gibt kein Für und Wider.
Ganz anders in der Griechenland- und später Irland-Krise. Die zentrale Frage letztendlich ist: wollen wir unseren Nachbarstaaten in Krisenzeiten helfen, oder nicht? Ist es überhaupt sinnvoll sich so helfen zu lassen, oder beißt man die Zähne zusammen und schafft es aus eigener Kraft wieder raus? Klar: bei einer Flut schleppt man immer gerne Sandsäcke, aber ist man auch bereit, finanziell für den anderen den Kopf hinzuhalten? Das ist für uns für Deutsche eine ganz existenzielle Frage, weil unser Wohlstand nun mal langfristig auch darauf zurückgeht, dass wir die meisten unserer Produkte in die restlichen EU Staaten verkaufen.
Die Frage hat sich mittlerweile nahezu selbst beantwortet. Auf Arbeit nennen wir so was spaßhaft “die normative Kraft des Faktischen”: es wird zum Gesetz, was eh schon die Regel ist. Ob Euro oder nicht, ob EU Ministerien oder nicht: in Europa sitzen wir letztendlich doch alle in einem Boot. Das hat die Finanzkrise unmissverständlich klar gemacht.

Die Protestwelle

Es gab ja nicht nur die Castortransporte und Stuttgart21, wo massenweise die Menschen auf die Straße gegangen sind. Egal ob irgendwelche Lohnkürzungen oder Bauprojekte: es scheint so, als wären die Menschen nicht nur wütend, sondern sehen den offenen Protest auch als sinnvolles politisches Mittel. Das war vorher nicht so: da haben sich auch viele aufgeregt, aber es hat keine solche Eigendynamik bekommen.
Natürlich wird da viel politisch instrumentalisiert. Aber ich kann aus eigenem Eindruck sagen: die Grünen z.B. sind natürlich gerne auf diesen Zug aufgesprungen, aber sie haben ihn nicht gestartet. Die haben teilweise erst viele Wochen zu spät überhaupt begriffen, dass man da ja vielleicht mitmachen sollte.
So gesehen ist es schon merkwürdig, was da draußen passiert. Ist es nur ein Strohfeuer? Wächst hier eine neue Form von Basisdemokratie, oder gar eine neue Form der gegenseitigen Totalblockade? So oder so: man kommt heute kaum darum herum, eine Meinung zu haben, und diese auch zu verteidigen.

Klimagipfel von Cancún

Es ist eigentlich nur eine Randnotiz dieses Gipfels, die wohl kaum einem aufgefallen ist. Und doch wird sie wohl in den Geschichtsbüchern stehen: dies ist der erste UN Gipfel, wo ein internationales Papier ausgehandelt wurde, ohne dass alle Staaten zugestimmt hätten. Normalerweise müssen alle großen UN Beschlüsse einstimmig sein – weltweit. Diesmal gab es eine Gegenstimme von Bolivien, die aber schlicht von der mexikanischen Außenministerin ignoriert wurde – und auch sonst von der gesamten Staatengemeinschaft. Was sich nach einer Bagatelle anhört, ist die diplomatisch dramatischste Veränderung in der UN seit dem zweiten Weltkrieg. Frei nach dem Motto: es gibt wichtigeres als staatliche Einzelinteressen. Wo gehobelt wird, fallen Späne.
Das hat natürlich gute wie schlechte Konsequenzen, aber es ist ein wichtiger Schritt hin zu der Erkenntnis, dass wir es hier mit ernsten globalen Problemen zu tun haben, die wichtiger sind als jedes diplomatische Protokoll. Der Gipfel selbst war vielleicht kein besonderer Erfolg, aber Espinosas Engagement wird definitiv Geschichte schreiben.

WikiLeaks

Natürlich gab es schon vor WikiLeaks große Enthüllungsgeschichten. Interessanter als die (wenig überraschenden) Erkenntnisse aus den Irak-Krieg Protokollen und Diplomatendepeschen fand ich die Reaktion auf WikiLeaks: dieser krampfhafte Beißreflex, dieser völlig unreflektierte Umgang mit der Öffentlichkeit – und wie kläglich das US-Außenministerium im Endeffekt bei der Eindämmung versagt hat.
Ich habe schon das letzte Jahr darüber fabuliert, wie politische Interessen sich in Zukunft vor allem über das Internet organisieren werden – hier haben wir ein Beispiel dafür, wie so etwas eskalieren kann. Unglaublich, was da von angeblich zivilisierten Menschen gehört hat: Julian Assange soll lebenslang bekommen, am besten die Todesstrafe für Hochverrat.
Man muss den Vandalismus von der “Anonymous” Gruppe nicht gut finden, aber ich musste schon schmunzeln, mit welcher Leichtigkeit hier alle politischen und wirtschaftlichen Schwergewichte abgewatscht wurden. Wem es bis heute nicht klar war, sollte es jetzt gelernt haben: das Internet vergisst nicht. Zumindest nicht die unterhaltsamen Dinge.

Das waren also ein paar Punkte, die mir 2010 besonders hängen geblieben sind, und die – in ihrer eigenen Art – alle irgendwie eine Form von Meilenstein darstellen. Viele Nachrichten wiederholen sich jedes Jahr: Naturkatastrophen, politische Skandale, Stars und Sternchen… aber es gibt wenige Ereignisse, wo man von einem “Bruch” in der Geschichte sprechen kann, von einem neuen Zeitalter. Momente, wo man das Gefühl hat dass die Spielregeln leicht geändert wurden. Ich glaube, dass 2010 so ein markantes Datum war.

Samstag, 1. Januar 2011

Rückblick 2010 - Privat

So, wieder ein Jahr rum… Zeit zu resümieren. Meine erste wichtige Erkenntnis: ich hab im letzten Jahresrückblick zwei Bereiche zusammengeschmissen, die sich hier auch im Blog regelmäßig überschneiden, und eigentlich nicht zusammen passen. Deshalb habe ich mich entschlossen, diesmal zwei Rückblicke zu schreiben: einen für mein Privatleben, und einen für die Veränderungen in der Welt da draußen die mich fasziniert haben.

In einem Satz: 2010 war nicht sensationell, aber ein sehr gutes Jahr. Die beruflichen Turbulenzen des Vorjahres haben sich geglättet, und ich habe tatsächlich nicht nur Spaß an meiner Arbeit, sondern auch eine ganz ordentliche Perspektive. Da war ich vor ein, zwei Jahren definitiv schlechter drauf: nicht umsonst hatte ich öfters den Gedanken gehegt, die Arbeit zu wechseln.

Ich habe das Gefühl, dass ich bodenständiger geworden bin. Mehr im Jetzt verankert. Kurz: zufriedener, glücklicher.

Ich bin mir mittlerweile eigentlich recht sicher, dass ich in Karlsruhe bleiben will. Nicht unbedingt in dieser Wohnung, aber ich merke immer wieder, dass Karlsruhe für mich wirklich “Heimat” bedeutet. Gibt sicher noch viele andere schöne Städte, und vielleicht denke ich in zehn Jahren anders, aber ich glaube Karlsruhe passt zu mir.

Ich habe mich zwar schon immer für Politik interessiert, aber so wirklich berührt hat mich das Thema erst in 2010. So genau kann ich gar nicht sagen was der Auslöser war, aber letztendlich war es nur konsequent, dass ich den Grünen beigetreten bin.

Einer der besten Entscheidungen des Jahres war wohl der Yoga Kurs. Was mir das an innerer Ruhe und Körpergefühl gibt, ist nicht in Geld aufzuwiegen. Ganz allgemein: ich fühle mich privat viel ausgeglichener und zufriedener.

Das verdanke ich zu einem guten Stück meiner besten Freundin. Es war nicht immer einfach im vergangenen Jahr, aber was ich insbesondere die letzten paar Monate an Zufriedenheit und… Glück aus ihr geschöpft habe, ist schwer zu beschreiben. Danke für diese ungewöhnlichste aller Freundschaften!

Zum Abschluss noch ein paar bunt zusammengewürfelte Erkenntnisse:

  • Familie sind für mich die Menschen die ich mir selbst gewählt habe, nicht unbedingt mit denen ich verwandt bin. Das ist mir an Weihnachten besonders deutlich geworden.
  • Es ist kein hohler Spruch, dass man los lassen können muss, wenn man will dass etwas zu einem zurück kommt
  • Komisch: was einem jahrelang wichtig war, ist plötzlich so unbedeutend.
  • Es ist nicht unwichtig, was man glaubt. Zumindest für mich. Mir fällt es ungeheuer schwer, mit Menschen umzugehen, die z.B. politisch oder religiös mir völlig entgegengesetzt sind. Und davon gibt es jede Menge.
  • Vorsätze sind doof. Das hält einen nur davon ab, im hier und jetzt zu leben.