Samstag, 26. Juni 2010

Der schmale Grat

Mir ist gerade eine… naja, ernüchternde Erkenntnis zum Thema Freundschaft gekommen.
Es gibt da eine Frau, die ich unheimlich gerne mag. Ich verbringe mit ihr teilweise viel Zeit, ich habe sie die letzten eineinhalb Jahre fast jede Woche gesehen. Wir haben uns vieles erzählt, auch intime Details. Wir haben über unsere geheimen Fantasien und Ängste geredet… über eben nahezu alles.
Seit einem halben Jahr wird das weniger und weniger. Unsere Gespräche wurden immer “normaler”, wir verbringen mittlerweile die meiste Zeit so, wie eben normale Freunde auch: ins Kino gehen, ein Bier trinken, miteinander quatschen…

Tja, und genau da liegt das Problem. Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin (und das habe ich heute zum ersten mal laut ausgesprochen), war für mich die Freundschaft an sich nie etwas besonderes. Es ist eine sehr gute Freundschaft, aber mehr eben nicht.

Das was besonders ist, ist eigentlich dieses Spannungsfeld zwischen Anziehung und Abstand halten, dieses sich so nah aneinander ranlassen dass es weh tun kann, und dann diesen Abstand – mit Würde und Respekt – halten.

Ich persönlich finde das unheimlich spannend, weil es mir Perspektiven eröffnet die normale Freundschaften einem einfach nicht bieten können. Ich kann so meine eigenen Gefühle ausloten, ohne gleich eine Beziehung zu riskieren, und kann das bei einem Menschen tun dem ich vertraue. Ich persönlich finde das auch irgendwo konsequent, denn warum sollte eine Freundschaft zwischen Mann und Frau genau den selben Regeln folgen wie eine Männerfreundschaft? Warum ignorieren, dass man nun mal unterschiedlich ist?

Auf der anderen Seite ist es ein Drahtseilakt. Beide Seiten müssen sich dafür ungeheuer verletzlich machen. Außerdem braucht es eine gewisse Neugier und Anziehung. Nicht unbedingt Liebe, aber zumindest ein gewisses Interesse.

Mir persönlich gibt das ungeheuer viel. Es gibt eben keinen anderen Menschen, mit dem ich so eine emotionale Achterbahnfahrt machen könnte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das in einer Beziehung so funktionieren würde.

Leider sieht sie das offenbar anders: was sie sich wünscht, ist Stabilität und Normalität. Natürlich irgendwo nachvollziehbar: was passiert, wenn es irgendwann mal außer Kontrolle gerät? Wenn ich mich in sie verliebe? Was, wenn sie jemanden kennenlernt?

Das ist leider nicht das erste mal, dass mir das passiert. Was natürlich bei mir die Frage auslöst: liegt es an mir? Stelle ich einfach unrealistisch hohe Erwartungen? Ist mein Verständnis von Freundschaft gestört? Unterschätze ich das Risiko? Gibt es auch nur eine Frau da draußen, die versteht was ich meine?