Donnerstag, 5. Februar 2009

Kein Wald vor lauter Bäumen

Aktuelle Geschehnisse führen mich wieder zur der Frage: warum ist es so schwierig einen Partner zu finden?

Mir kam dazu eine vielleicht gewagte These, die ich hier mal breit treten möchte:

Das Problem ist nicht dass es zu wenige Menschen gibt die zu einem passen, sondern zu VIELE. Wir verzetteln uns in der Vielfalt.

Versuchen wir uns mal vorzustellen, wieviele Menschen der Durchschnittsmensch von vor 100 Jahren kannte, und mit wievielen davon er regelmäßig in Kontakt stand. Das Gros der Bevölkerung lebte auf dem Land, Ballungszentren im heutigen Maßstab waren unbekannt. Mobilität und Vermögen waren eher gering, Frauen und Männer hatten kaum Berührungspunkte - weder auf der Arbeit, noch in der Schule, noch im Studium, noch in der Freizeit. Dazu kommen noch soziale Aspekte: Bildung und gesellschaftlicher Stand grenzten die Auswahl weiter ein. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster, und behaupte dass ein Durchschnittsmensch aus dem Jahre 1900 vermutlich in seinem gesamten Leben nur mit ein paar hundert Menschen mehr als ein paar Worte gewechselt hat - mit Menschen des anderen Geschlechts vermutlich nur einen Bruchteil davon. Wer heute dagegen nicht wenigstens hundert Personen in seinem Facebook Profil verlinkt hat, gilt doch schon als Sonderling.

Anders als früher haben wir heute den Eindruck, dass es nahezu unbegrenzt viele Menschen gibt. "Auf jeden Topf passt ein Deckel" - mittlerweile finde ich diesen Spruch schrecklich!
Auch wenn es unzählige Menschen da draußen gibt: keiner von denen ist fehlerfrei. Nicht annähernd. Sich mit anderen Menschen auseinandersetzen ist immer harte Arbeit, und nicht etwa genetische Veranlagung.

Genährt wird dieser Mythos von den Menschen die ein paar Jahre lang tatsächlich liebestrunken in einer "perfekten" Beziehung gelebt haben - um dann über Nichtigkeiten zu stolpern.

Gerade weil es so einfach ist neue Menschen kennenzulernen, ist die Verlockung groß, einfach weiterzuziehen - geradeso als wäre die Liebe eine Lotterie, und nicht etwa harte Arbeit (an sich selbst und zusammen). Da diese Ansicht Allgemeingut ist, sinkt der "Marktwert" der Beziehung immer weiter. Warum sollte ich auf einen einzelnen Menschen so viel Zeit und Kraft verwenden? Was wenn nix daraus wird? Ist es dann nicht besser, möglichst viele heiße Eisen im Feuer zu haben?

Diese Strategie wird durch moderne Medien noch zusätzlich angefeuert. In den unzähligen sozialen Netzwerken und Kontaktbörsen wird jeder Mensch - notwendigerweise - auf ein paar Eckdaten reduziert: Hobbies, Augenfarbe, ein paar Persönlichkeitsmerkmale. Das ist VIEL zu wenig, um wirklich einen Menschen kennen- und schätzen zulernen. Und noch schlimmer: viele Menschen nehmen das als gegeben hin - als ließe sich eine reife Persönlichkeit in zwanzig Schlagwörter pressen.

Natürlich war es in früheren Zeiten auch kein Eitel Sonnenschein. Heirat wurde dort in erster Linie aus finanziellen Gründen und des Nachwuchses wegen vollzogen - von echter Seelenverbundenheit keine Spur.
Aber die Katze ist nunmal aus dem Sack, und zum Wohle der Menschheit schlage ich vor, sich mal über die folgenden zwei Punkte sehr genaue Gedanken zu machen:

  1. Was genau macht mich glücklich?
  2. Wieviel Arbeit und Kompromisse muss ich mindestens investieren um dorthin zu gelangen?

Ich glaube, dass auf die erste Frage die wenigsten Menschen eine klare Antwort haben, und die zweite Frage regelmäßig dramatisch unterschätzt wird.

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