Samstag, 24. April 2010

Das Foto

Heute wollte ich eigentlich feierlich das Foto aus meiner Brieftasche nehmen, und verbrennen. Eigentlich ist das lange überfällig…

Ich hatte mich vor zwei Jahren in eine Frau verschossen. Das alles lief gerade mal eine gute Woche, und ich muss immer noch darüber lachen, wenn ich bedenke wie kopflos das alles war. Uns war beiden irgendwie von Anfang an klar dass das nicht funktionieren könnte, und trotzdem war das einer dieser Fehler, die man einfach gerne tut. Wir haben alles gemacht was frisch Verliebte eben so machen: spazieren gehen, wildes Geknutsche und Gefummel, Bilder tauschen damit wir einander immer in der Brieftasche haben…

Sie hat mein Bild mir damals direkt zurückgeschickt. Da ich aber nichts von ihr hatte, nichtmal ihre Postadresse, konnte ich ihr Bild ihr nicht wiedergeben. Ich hatte schon früh den Gedanken es einfach wegzuwerfen, aber habe mir dann gedacht: wozu? Ich hege ja keinen Groll gegen sie, ich muss und will nicht diese Erinnerung zwanghaft aus meinem Gedächtnis streichen.

Ich dachte, heute wäre es endlich mal Zeit mich von dem Bild zu trennen. Ich wollte es feierlich verbrennen, und dann dazu hier darüber schreiben, wie wichtig es ist auch alte Erinnerungen hinter sich zu lassen. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin: das Foto bedeutet mir etwas. Nicht die Frau darauf, die hatte ich schnell vergessen. Aber es war der Anfang von etwas, was auch heute noch nicht abgeschlossen ist. Ich bin heute ein anderer Mensch als vor zwei Jahren – glücklicher, zufriedener, selbstbewusster.

Das hat natürlich auch damit zu tun, dass mir in letzter Zeit andere gute Dinge passiert sind. Aber wären mir diese auch mit meinem alten Ich passiert?

Auf jeden Fall möchte ich diese Erinnerungen noch nicht loslassen. Nicht solange sie noch so sehr auf mein aktuelles Leben reflektieren. Sobald sich das ändert, wird das Foto einfach in irgendeiner Schublade verschwinden, und in fünf Jahren werde ich nichtmal mehr wissen wen das Bild eigentlich zeigt.

Samstag, 10. April 2010

Hygienisch rein

Eigentlich wollte ich einen Beitrag über Ernährung schreiben. Seitdem ich ein Buch über die Lebensmittelindustrie gelesen habe, bin ich zu dem Schluss gekommen dass ich wahrscheinlich zu viel Kohlehydrate und vorallem zu viel Fertigkost esse. Auch Jamie Oliver’s Food Revolution passt da einfach in die Zeit – viele Menschen haben offenbar das Bedürfnis, die eigene Gesundheit zu verbessern.

Das ist erstmal keine wirklich neue Erkenntnis. Jeder von uns weiß wohl, dass wir von einer wirklich guten, ausgewogenen Ernährung weit weg sind. Was ich interessanter finde, ist wie sich Fertigwaren in der Form überhaupt durchsetzen konnten. Kochen zu können war vor wenigen Jahrzehnten noch eine Selbstverständlichkeit – heute gilt es als Lifestyle, als etwas was man sich leistet wenn man sich was gutes tun will.

Ich habe da einen Verdacht. Zu Kochen ist etwas, wobei man sich die Hände schmutzig macht – wo man zwangsläufig mit dem in Berührung kommt was später im Magen landet. Selbst bei größter Sorgfalt bleibt bei der Zubereitung halt doch noch im Gemüse ein paar Reste der Erde hängen, oder Teile von Blättern und Stängeln die eher schwer verdaulich sind.

Ich glaube, viele Menschen ziehen Fertigwaren vor, weil sie sich dabei nicht die Hände schmutzig machen. Okay, das Essen hat dann zwar miese Nährwerte – aber wenigstens ist es hygienisch sauber.

Es gibt auch noch andere Beispiele dafür. Ich weiß z.B. von einer Freundin, dass kein Mädchen im Schulsport es sich heute noch leisten kann, nicht die Bikinizone zu rasieren. So weit sind wir schon gekommen, dass Körperbehaarung als unhygienisch gilt.

Ich habe den Verdacht, dass unsere Gesellschaft mehr und mehr zu einem völlig überzogenen Gefühl von Hygiene strebt, als wollte man die Existenz von allem Unreinen – Staub, Schmutz, Schweiß – ein für allemal aus der Welt schaffen. Über die Gründe kann ich nur spekulieren, aber es zeugt auf jeden Fall von keinem gesunden Verhältnis zum eigenen Körper.