Dienstag, 23. Juni 2009

Krieg der Bilder

Jeden morgen nehme ich mir auf Arbeit ein paar Minuten Zeit, um die aktuellsten Nachrichten aus Iran zu verfolgen. Und es ist schon erstaunlich, wie ein einziges Bild, ein paar Sekunden Film heute härter und tiefer ins Bewusstsein einer Nation einschlagen können als eine Bombe. Ich habe die iranischen Demonstrationen für völlig chancenlos gehalten – bis etwa vor drei Tagen.

Richtig bewusst geworden ist mir das erstmals im zweiten Irak Krieg. Damals waren es die Aufnahmen einer GI-Leiche, die von irakischen Aufständischen durch die Straßen geschleift wurden.

Das muss die amerikanische Bevölkerung getroffen haben wie ein Blitzschlag: wir sind verletzlich.
Der zweite Schlag kam wenig später mit Abu Ghureib, und nochmal etwas später mit den Videos von irakischen Heckenschützen (die propagandistisch klever zu einer einzelnen Heldenfigur verschmolzen wurden).

So zynisch es ist, aber dem Iranischen Protest hätte vermutlich nichts besseres passieren können, als eine junge Frau die vor laufender Videokamera stirbt.
Ich hab das Video mir angeschaut, und es gräbt sich tief ins Gedächtnis ein, weil es erstens mal so unvorstellbar real ist, und zum anderen ein perfektes Sinnbild dafür ist worum es in den Protesten geht.

Ich hoffe natürlich, dass dies die Wende bringen wird für das iranische Volk… aber irgendwie komme ich um die Frage nicht herum: was wäre gewesen, wenn nicht gerade jemand zufällig diesen Moment mit der Handykamera aufgenommen hätte? Wäre der iranische Protest still und heimlich niedergeschlagen worden? Und hätten so viele Menschen das Video gesehen wenn es YouTube nicht gäbe?

Eine merkwürdige Zeit ist das, in der eine Handykamera entscheidend für die Zukunft eines Volkes sein kann.

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